Bisher war der Sitzhersteller Sitech eine 100%ige Tochter des VW-Konzerns mit ca. 2300 Beschäftigten in Deutschland. Nach der Schließung des Sitech-Werks in Hannover im Frühjahr, bei der 470 Kolleg*innen ihren Arbeitsplatz verloren haben, geht jetzt auch an den Standorten in Wolfsburg und Emden die Angst um. Hintergrund ist das anstehende Joint Venture mit dem Coburger Unternehmen Brose. Dabei soll Brose der Presse zufolge mindestens 50 Prozent der Anteile von Sitech übernehmen.
Das Familienunternehmen Brose ist ein absoluter Global Player der Zuliefererbranche, hat sich aufgrund der Corona-Krise allerdings ein Sparprogramm verordnet, das auch Stellenabbau von gut 2000 Beschäftigten vorsieht. Die Sitech-Beschäftigten fürchten, dass die wegweisenden Entscheidungen künftig in Coburg getroffen werden, sie damit aus dem Volkswagen-Konzern ausscheiden und so einen Großteil ihrer Mitbestimmungsrechte verlieren. Der Volkswagen-Aufsichtsrat hat auf seiner Sitzung vergangenen Freitag dem Joint Venture von Sitech und Brose zugestimmt. Im März soll jetzt der Vertrag unterzeichnet werden.
Im Vorfeld der Aufsichtsratssitzung hatten mehrere Bundestagsabgeordnete der LINKEN aus der Region in einem offenen Brief an den VW-Aufsichtsrat umfassende Sicherheiten für die Beschäftigten der VW-Tochter gefordert. Denn durch die teilweise Veräußerung des Sitzherstellers an Brose würden schwerwiegende Auswirkungen für die Beschäftigten und die Region drohen. „Was bedeutet es für die aktuelle Zahl der Arbeitsplätze in Emden und Wolfsburg? Was bedeutet es für die jetzt noch zwischen IG Metall und Sitech tariflich geregelten Arbeitsbedingungen, wenn Brose zukünftig die sogenannte „Konsolidierung“ übernehmen soll?“, fragen sie. Denn in dem Familienunternehmen Brose herrscht eine völlig andere Unternehmenskultur, die stark durch den autoritären Führungsstil des Unternehmenspatriarchen Stoschek geprägt ist. Mit dessen Gebaren hat sich kürzlich auch Jan Böhmermann in seiner Sendung „Neo Magazin Royale“ beschäftigt.
Volkswagen, der Konzernbetriebsrat, die IG Metall und auch der Sitech-Betriebsrat bemühen sich inzwischen nach Kräften, den Beschäftigten ihre Ängste zu nehmen. Sie verweisen allem voran auf eine bereits im Sommer vereinbarte Beschäftigungssicherung bis 2029. Nach den negativen Erfahrungen bei der Schließung des Hannoveraner Werkes bleibt aber in der Sitech-Belegschaft eine gehörige Portion Skepsis, die durch den bisherigen Verlauf der aktuellen Tarifgespräche noch gestärkt wird. Denn statt ein Angebot für Lohnerhöhungen zu machen, für die ohnehin kein Geld vorhanden sei, hat das Sitech-Management verlangt, dass die regelmäßige wöchentlichen Arbeitszeit für 25 Prozent der Belegschaft von 35 auf 40 Stunden erhöht werden müsse. Brose lässt grüßen!